Es gibt im Vereinigten Königreich wohl eine Sendung, die jedes Kind kennt – eine Sendung die mit schnellen und coolen Autos verbunden wird – eine Sendung die auch außerhalb von Großbritannien einen Kultfaktor hat – Top Gear! Das Automagazin, welches seit 1977 von BBC ausgestrahlt wird, hat nun auch die Ehre mit LEGO in Verbindung gebracht zu werden.
Mit dem neuen LEGO Technic App-Controlled Top Gear Rally Car (42109) bringt unser dänischer Spielwaren-Freund ein Set auf dem Markt, das hier und da für Verwunderung sorgt – nicht nur beim Preis. Doch der Reihe nach, starten wir mit den Fakten zu diesem Set:
- Set-Nummer: 42109
- Thema: Technic
- Bezeichnung: App-Controlled Top Gear Rally Car
- Teilezahl: 463
- Motorisierung: Control+
- Erscheinungsjahr: 2020
- Empfohlenes Alter: 9+
- UVP: 129,99 Euro
- Preis pro Teil: 28 Cent
Die Verpackung
Im neuen Jahrzehnt startet LEGO mit einem neuen Design seiner Technic-Kartons. So fällt ab den 2020er Sets der obligatorische schwarze Balken am linken Rand weg und das Modell auf der Verpackung wird noch mehr mit Photoshop in Szene gesetzt – ein Wunder eigentlich, dass die Scheinwerfer hier mal nicht leuchten.
Wer nun die doch recht kleine Box (38x26x9 cm) aus dem Regal nimmt, sieht neben dem großen Control+ Logo in der rechten unteren Ecke auch links das kleine Top Gear Logo mit seinem berühmten Testfahrer The Stig.
Auf der Rückseite dagegen stellt sich The Stig schon fast in den Vordergrund. Aber auch die spektakulären Funktionen, wie Vorwärts- und Rückwärtsfahren, Lenken und das manuelle Öffnen der Motorhaube werden abgebildet. Natürlich erhält auch die Control+ Steuerung ihre Spalte auf der rechten Seite.
Auf den beiden Seiten der Verpackung sind ebenfalls noch einige Informationen abgedruckt. So wird noch einmal deutlich, welche Technik enthalten – ein XL-Motor, ein L-Motor und ein Bluetooth-Gesteuerter-Smarthub.
Die andere Seite wirft noch die Worte Mehrzwecksteuerung, Gyrosensor-Steuerung und Herausforderungen & Erfolge in den Raum. All das bietet der Spielspaß mit der App-Steuerung.
Der Inhalt
Aber nun genug der trockenen Worte, was bekommen wir denn jetzt inhaltlich für unsere harten Euros?! Zuerst einmal vier unnummerierte Plastiktütchen mit den insgesamt 463 Einzelteilen. Es sei angemerkt, dass bei einem Technic-Set viele Elemente in verschiedenen Formen (und Farben) als Pins in Erscheinung treten – bei diesem Set sind es immerhin über 200!
Wer den Karton noch etwas mehr schüttelt, erhält ebenso noch eine Bauanleitung, einen Stickerbogen und eine magische schwarze Box – die Bauanleitung und der Stickerbogen liegen hierbei übrigens ohne extra Umverpackung in der Verpackung.
Wie der eine oder andere nun schon vermutet hat, ist die schwarze Box gar nicht so magisch, sondern einfach nur der mit Abstand teuerste Part an diesem Set und wohlmöglich einer der Hauptgründe, warum dieses Set irgendwann im Sale ergeiert wird. Enthalten sind die zwei Motoren in den Größen L und XL, sowie der Smarthub, der auch den Platz für die sechs AA-Batterien (Akkus) bietet.
Zu guter Letzt der obligatorische Stickerbogen. Aus der Technic-Welt gar nicht mehr wegzudenken und mittlerweile genauso Standard wie die blauen Pins. Es sind ingesamt 30 Aufkleber (26 verschiedene) die darauf warten, mit höchster Präzision angebracht werden zu wollen.
Die Bauanleitung
Auf 120 Seiten wird der kleine oder große LEGO-Bauer durch die Welt des Top Gear Rally Cars geführt. Angefangen mit den zahlreichen Sicherheitshinweisen zur Elektronik, und bereits etwas Werbung zu den aktuellen Sets, wie dem LEGO Technic Autokran (42108), den Wolfgang schon ausführlich im Review beschrieben hat, bis hin zum Hinweis zum Download der Control+ App für das jeweilige Smartphone – denn ohne diese App bleibt nur das Öffnen der Motorhaube.
Auf Seite 13 geht dann endlich der Aufbau los. Während des Blätterns durch die Anleitung werden am Rand hin und wieder Fakten zu The Stig aufgelistet, so zum Beispiel „The Stig fährt nur Autos. Er fährt keine Motorräder“ – oder „The Stig ist weder männlich noch weiblich. The Stig ist ein Neutrum„.
Während ich noch so darüber nachdachte, ob es dann nicht hätte heißen müssen „Es fährt Motorräder“ war ich nach 118 Bauschritten auch schon fertig – oder doch einer weniger?! Ein nächstes Mysterium warf Fragen auf – ein Geisterbauschritt?! Ist die 117 vielleicht eine Unglückszahl in Dänemark?! Ich weiß es nicht, und habe lieber schnell die Reifen montiert.
Aber als kleine Anmerkung sei noch gesagt, neben den elektronischen Bauteilen bietet das Set doch noch eine weitere kleinere Überraschung: Zwei neue Elemente sind enthalten, aus welchen das Differential gebaut wird. Es bildet sich ein geschlossenes System aus fünf kleinen Zahnrändern, auf welches ein großes Zahnrad geklemmt wird.
Zum Abschluss des Heftes werden noch einmal die App-Funktionen gezeigt.
Die letzte Seiten gehören noch einmal IHM – The Stig! Nun könnte man meinen, sooft wie der oder das Stig im Heft erwähnt wird, ist doch sicherlich noch eine coole und exklusive Minifigur oder gar eine Neuauflage der alten Technic-Figuren an Bord!? Nein. Leider nichts von alledem. Leider. Ich denke, dass wäre wirklich noch eine nette Zugabe gewesen. Für einen kleinen Minifiguren-Ständer und eine Typenplatte wäre sicherlich noch Platz gewesen im Karton. Noch besser natürlich wäre die passende Technic-Figur gewesen.
Der Aufbau
Das gesamte Set baut sich eigentlich recht zügig und wirft an keiner Stelle Fragen auf. Ich habe für den entspannten Aufbau (inklusive Fotografieren) ca. zwei Stunden benötigt. Wie schon angesprochen, werden bereits in den ersten Schritten die elektronischen Teile verbaut. Der Antrieb erfolgt an der Hinterachse durch den XL-Motor, welcher seine Kraft über das große schwarze Zahnrad auf das rote Zahnrad aus dem Differential überträgt. Eine wirkliche Hilfe sind im Übrigen auch die bereits in anderen Technic-Sets verbauten Kabelklemmen.
Nach 38 Bauschritten ist die Elektronik verbaut. Der Smarthub mit den Batterien bildet dabei den schweren Mittelpunkt. Der L-Motor wird an der Vorderachse die Lenkung übernehmen.
Die Lenkung ist dabei sehr klassisch gehalten und bietet keine neue andere Bauweise, wie es etwa beim LEGO 1989er Batmobil (76139) der Fall gewesen ist. Ein einfacher Antrieb über das schwarze Zahnrad lässt die Achse hin und her bewegen. Seit 40 Jahren eine bewährte Technik bei Technic.
Damit das Innere des Autos nicht nur aus Kabeln und grauen Klötzen besteht, wurden zumindest im Motorraum ein paar Elemente eines Verbrenners angedeutet.
Danach beginnt bereits das Verkleiden mit einigen wenigen Paneelen und die ersten Sticker dürfen ab Schritt 67 angebracht werden. Kleine Rückleuchten, angedeutete Endrohre, sowie der erste Ansatz des Heckspoilers entstehen.
Auch die Front bekommt noch ein paar Steine als Verkleidung, sowie die auf der Verpackung bereits als Play-Feature beworbene Motorhaube, welche sich manuell öffnen lässt.
Die restlichen Flügelelemente werden auch noch angebracht, für die Frontschürze und den Heckflügel und mit den Pneus im letzten Bauschritt ist das fiktive Rally Car fertig. Eine reelle Vorlage gab es nicht für das Set. Die Endmaße belaufen sich nun auf 26,5 cm in der Länge, 10 cm in der Höhe und 14 cm in der Breite.
Während das Hinterrad sich sehr gut in die Radkästen einschmiegt, wirkt das Vorderrad etwas verloren – aber dadurch ergibt sich später ein überraschender Vorteil – denn der Wendekreis dieses kleinen, kompakten Flitzers ist erstaunlich gering. Auch die Endgeschwindigkeit lässt sich sehen, auch wenn mehr immer geht. Das waren zumindest die zwei positiven Überraschungen beim Antesten mit der Control+ App und der Bluetooth Steuerung über das Smartphone.
Doch bevor es losgeht mit der App, müssen sechs Batterien (oder Akkus) der Größe AA eingelegt werden. Hierbei kommt ein weiterer positiver Punkt dieses Sets zum Vorschein. Durch den neuen Smarthub und die Art und Weise des neuen Batteriekastens, ist es nun problemlos möglich, gerade auch bei diesem Set, die Batterien zu wechseln. Mussten bei alten Technic-Sets teilweise noch hier und da Pins oder andere Bauteile entfernt werden, oder gar die eine Batterie lästig aus der hinteren Ecke des alten Kastens herausgenommen werden (wofür der wunderbare Steinetrenner übrigens auch sehr gut ist), so macht das Wechseln hier schon fast Spaß. Es ist zumindest kinderleicht.
Die App
Wer die LEGO Control+ App noch nicht auf sein Smartphone geladen hat, kann dies für iOS hier oder für Android hier machen. Nicht vergessen, vor dem Starten der App die Bluetooth-Funktion am Smartphone zu aktivieren. Wenn dann die App gestartet wird, kann auch der Smarthub am grünen Knöpfchen in Bereitschaft gebracht werden. Durch das offene Beifahrerfenster gelangt man sehr gut an die Taste. Es kann sein, wie in meinem Fall, dass die Firmware des Smarthubs zuerst aktualisiert wird. Die Wartezeit betrug bei mir einige Minuten, bei einem nervösen Kind, das endlich los spielen will, kann dies eine halbe Ewigkeit sein.
Bisher gibt es drei Modelle beim dänischen Spielwarenhersteller zur Auswahl, die mit Control+ gesteuert werden. Neben dem LEGO 4×4 X-Treme Offroader (42099) und dem LEGO Liebherr Bagger R9800 (42100) ist nun also auch das Ralley Car in der App mit von der Partie.
Die App startet zuerst selbstständig eine Kalibrierung und lenkt dabei die Vorderräder hin und her.
Anschließend wird man durch einen kleinen Lehrgang im Umgang mit der Steuerung geführt. Dies passierte bei mir auf Englisch, die Sprache kann aber später in den Einstellungen geändert werden.
Der Standardbildschirm mit der Steuerung hat links das Lenkrad und rechts im Automatikmodus (AT) die Wahl für D (Drive – vorwärts fahren) und R (Reverse – rückwärts fahren). Zum Lenken, als auch Fahren, muss mit dem Finger (Daumen) jeweils im halbkreis gewischt werden, für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Am kleinen Hebel kann auf manuelle Schaltung (MT) gewechselt werden, dann erscheinen anstelle des D die Gänge eins, zwei und drei. Der Wischmodus bleibt der Gleiche.
Wischt man über den Bildschirm nach links, so erscheint eine alternative Steuerung (Gyro-Steuerung), die mir beim Ausprobieren sehr viel besser gefallen hat, bzw. mit der das Handling deutlich genauer gelang. Links das Bremspedal, rechts das Gaspedal. Gelenkt wird mit dem gesamten Smartphone, indem es wie ein Lenkrad gedreht wird.
Das Hauptmenü wird durch die drei Striche am oberen linken Bildschirmrand aufgerufen. Viel spannendes verbirgt sich dahinter aber nicht. Die Karte auf der rechten Seite enthält kleine Herausforderungen, die ebenfalls schon aus den bereits genannten Control+ Modellen bekannt sind. Kleine virtuelle Parcours, die in bestimmten Zeiten gefahren werden müssen, um Bestzeiten und Medaillen zu sammeln.
Mein Fazit
Was bleibt am Ende des Tages bei einem 130 Euro Set, welches ab 9 Jahren empfohlen wird, aber nur mit einem Smartphone wirklich bespielt werden kann, denn loses hin und her rollen, oder gar lenken funktioniert nicht.
Einem Kind ein Smartphone in die Hand drücken zu müssen für einen Konzern der seit Jahrzehnten für seine bunten „analogen“ Spielsteine bekannt ist, finde ich persönlich sehr bedenklich. Das sollten aber natürlich die Eltern für sich selbst entscheiden, was für ihr Kind das Beste ist.
Ein frei entworfenes, kleines Auto, mit einer sicherlich nicht all zu großen Top Gear Lizenz für einen UVP von 130 Euro zu verkaufen, finde ich ebenso bedenklich. Natürlich sind die drei Control+ Elemente hier der Preistreiber, aber warum sollte man sich das Set kaufen?! Ganz ehrlich?! Ich weiß es nicht! Das Auto bietet kurzen Fahrspaß, es fährt ordentlich, es hat einen geringen Wendekreis, aber wiederum die Frage – wie lange wird die App unterstützt? Und die Tatsache, dass mir ebenfalls einfach eine haptische Steuerung fehlt, macht dieses Set einfach uninteressant. Zum Ausschlachten der Elektronik müsste der Preis schon um die Hälfte fallen.
Was ist die Alternative? Aktuell gibt es zum Beispiel den roten LEGO Technic Kranwagen (42082), welcher gut 4000 Teile hat, über die bewährten Power Functions verfügt – im Aufbau riesig aber im Preis klein ist. Für im Schnitt 150 Euro bekommt man doch sehr viel mehr geboten, als dieses etwas andere Top Gear Fahrzeug – mit The Stig, der nicht beiliegt.
Was meint ihr, bei wie viel % Rabatt würdet ihr schwach werden?
Dieses Set wurde uns freundlicherweise von B&B Spielwaren als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.
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