Der letzte LEGO Technic Schaufelbagger liegt nun schon über sechs Jahre zurück. Zeit sich den ersten LEGO Technic Backhoe Grader, wie er im Englischen heißt, in diesem Classic Review einmal näher anzusehen. Das Set kam 1989 auf den Markt und war das sogenannte Flagship Modell aus der Technic Reihe in diesem Jahr. Das aktuelle Flagship Set ist der LEGO Technic 42100 Liebherr Bagger – ihr seht in welcher Liga das damalige Set einzustufen war.
Der Designer
Konstruiert und designed hat das schöne Teil Olav Kroigaard.
Wir konnten ihn auf dem „Grand Old Designer Evenning“ im Oktober in Billund kennenlernen, wo er uns einige Anekdoten über seinen Werdegang bei LEGO erzählte. So machte er auf dem dänischen Land eine Ausbildung zum Schmied, als seine Mutter ihn zu einer Bewerbung bei LEGO drängte. Das Interesse an den Bausteinen hatte Olav schon in frühester Kindheit, wie er uns anhand altem Bildmaterial zeigte. Er gewann um 1980 herum einen Bauwettbewerb bei LEGO mit einem selbst entworfenen Roboter. Für das Buch „50 Jahre im Spiel“, anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Firma LEGO 1982 wollten sie ein Bild von ihm und dem Modell. Leider hatte Olav es schon wieder zerlegt, weil er natürlich mit seinen Steinen bauen wollte und nicht genug hatte um alle „MOCs“ stehen zu lassen. Also musste er das Modell wieder neu bauen für das Foto, was dann natürlich einige Abweichungen zum Sieger Roboter hatte.
Bei LEGO angekommen, war er zuerst in der Technic-Abteilung und hat als eines seiner ersten Modelle diesen Bagger konstruiert.
Zu dieser Zeit waren die Designer noch viel mehr in das Modell eingebunden als heutzutage. Wie sie uns erzählten dauerte es vom ersten Entwurf bis zum fertigen Set im Verkaufsregal ca. drei Jahre. Heute dagegen selten länger als ein Jahr! Sie begleiteten das Modell vom Erstellen der Bauanleitung bis zum Fotografieren für den Katalog und blieben doch immer im Hintergrund. Nicht zu vergleichen mit den heutigen „Stars“ wie z.B. Jamie Berard oder Mike Psiaki. Aber genug abgeschweift, kommen wir nun endlich zum eigentlichen Technic-Modell.
Die Verpackung
Der Schaufelbagger hat noch eine der schönen alten Schachteln mit Deckel zum Aufklappen und einem Plastik Inlay, das die neuen und besonderen Teile schön präsentiert.
Mit 48x29cm ist sie nicht besonders groß und mit den 671 Teilen auch gut gefüllt.
Die Rückseite ist komplett dem B-Modell gewidmet. Ein Mähdrescher, den es bis dato auch noch nicht in der Technic-Welt gab.
Eigentlich bin ich kein Freund von B-Modellen. Erstens werden beim zweiten Modell, für meinen Geschmack, zu viele Kompromisse eingegangen, die natürlich der begrenzten Teileauswahl geschuldet sind und zweitens zerlege ich ungern wieder ein Modell das ich aufgebaut habe, somit müssten immer zwei oder mehr Sets gekauft werden um den vollen Bauspaß zu haben. Das ist aber meine rein persönliche Meinung – Kinder zum Beispiel werden das mit Sicherheit ganz anders sehen. Deshalb hier auch nur die Bilder des Mähdreschers auf der Packung, bauen werde ich ihn nicht.
Der gesamte Inhalt ist in dieser aufwendigen Box untergebracht. Sie wird wie ein Schuber aus dem Umkarton gezogen. Für mich sind das nach wie vor die schönsten LEGO Verpackungen.
Die Bauanleitung
In den Flagship-Sets waren damals nicht nur die Anleitung enthalten – es waren allerlei Prospekte und Faltblätter dabei, manchmal sogar ein Preisausschreiben, oder ein Bauwettbewerb.
Auf der Rückseite der Anleitung ist ein kleiner Leitfaden, wie die Teile wieder auseinander zu bekommen sind. Manche Technic Teile hatten damals eine fast schon zu starke Klemmkraft.
Auf nur 56 Seiten wird der Zusammenbau beider Modelle erklärt. Trotz der für heutigen Maßstäbe geringen Teileanzahl, muss hier beim Bauen schon mal genauer hingesehen werden, um nichts falsch zu machen.
Nur für das B-Modell wird eine Nachrüstung mit Motor gezeigt. Das finde ich schon bemerkenswert, denn für einen Motor, um ein bisschen vor und zurück zu fahren, wäre sicher am A-Modell, dem Bagger, auch noch Platz gewesen.
Neben einem reinen Technic Prospekt war auch eine kombinierte Broschüre mit Model Team dabei. Immer wieder witzig finde ich die Aufmachung, die es wie zwei unabhängige Prospekte erscheinen lässt.
Das Highlight im Blätterwald dieses Modells ist aber das große Technic Poster.
Auf einer Fläche von 54x 42cm ist der Bagger eindrucksvoll in Szene gesetzt, mit einer technischen Zeichnung im Hintergrund, angelehnt am Design der Set-Verpackung. Auf der Rückseite ist wieder Werbung für andere LEGO Technic Modelle, auch aus den Vorjahren. Damals blieben Sets deutlich länger im Programm als heute.
In der Zeit vor online-Ersatzteilbestellungen lag jeder größeren Packung ein LEGO Service Blatt bei. Per Vorauskasse konnte damals dann in Hohenwestedt bestellt werden.
Wo wir gerade bei Prospekten sind, Christian hat in seinem schier unendlichen Fundus alter LEGO und Spielzeug Prospekte eine alte Spielzeug-Ring Broschüre mit dem Schaufelbagger gefunden. Diese möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
Bei Vedes wurde er mit anderen Spielzeugthemen präsentiert, dass damalige Angebot der Konkurrenz finde ich auch spannend.
Beim Preis waren sich damals alle einig, er kostete 109,– DM.
Die Teile
Die ersten Pneumatik Teile kamen schon 1984 aus Dänemark. Damals noch mit nur einem Anschluss an den Zylindern. Ab 1989 gab es dann die „neuen“ Zylinder mit zwei Anschlüssen, was das Steuern etwas einfacher und feiner machte.
Die beiden Schaufeln gab es nur noch in jeweils einem anderen Set, oder als extra Pack über den Service. Das große Technic Rad ist mittlerweile schon kult, dazu braucht man nichts mehr erklären. Das Pneumatik Ventil ist noch das gleiche wie 1984 und war bis 2004 so im Programm. Interessant ist der schwarze Gewichtsstein, der eigentlich aus dem Eisenbahn Thema kommt. Wir werden später merken wie wichtig er bei diesem Modell ist.
Warum fotografiere ich einen schwarzen Pin? Hier handelt es sich um die erste Version dieses Teils. Er ist nur mit hoher Kraft in die Technic-Lochbalken zu bekommen. Kein Wunder, dass in der Anleitung Tipps zum Zerlegen gegeben werden mussten. Bei den alten grauen Teilen solltet ihr immer darauf achten, dass sie nicht aufgesprungen sind. Nicht umsonst verschwanden diese Teilevarianten nach und nach aus dem Programm.
Der Zusammenbau
Nach der ganzen Vorfreude mit der schönen Verpackung geht es nun endlich zum Bauen. Zu dieser Zeit gab es bei Technic noch keine Liftarme, alles wurde mit Technic-Bricks gebaut, was das Modell am Ende sehr stabil macht.
Ziemlich zum Anfang kommt der Gewichtsstein, der eigentlich aus den Eisenbahnsets bekannt ist, zum Einsatz.
Trotzdem wird die Front sehr leicht, der Bagger bleibt im fertigen Zustand recht hecklastig.
Um die Drehplatte am Hinterteil für den Bagger noch stabiler zu bekommen, wird ein recht seltenes Teil eingesetzt.
Es ist eine Technicstange mit Gewinde. Dazu gibt es kleine Muttern um das ganze zu sichern. Durchgesetzt hat sich diese Stange nicht, sie wurde nur in drei Technic Sets verbaut.
Alles ist sehr begreifbar gebaut und später bleibt nichts im Verborgenen. Alle Funktionen können am fertigen Modell noch prima verstanden werden.
Ganz zum Schluss, bevor die Räder montiert werden, ist die vordere Schaufel separat zu bauen.
Sehr toll finde ich die Mechanik zum kippen der Schaufel gelöst. Mit zwei Rotorblättern wird hier die Umlenkung realisiert.
Das fertige Modell
Groß ist er, der Schaufelbagger!
Wenn alle Gelenke ausgefahren sind ist er fast 65cm lang. Im Größenverhältnis zur Minifigur ist es vielleicht noch besser zu erkennen.
Insgesamt acht Funktionen sind am Traktor zu finden. Die Schaufel hinten ist mit drei Pneumatikzylindern gesteuert, gedreht wird sie mittels Handrad mechanisch. Mit der gegenüberliegenden Kurbel können die Stützen aus- und eingefahren werden. Diese sind so stabil, dass sie den Bagger hinten sogar anheben können.
Natürlich sind die vorderen Räder lenkbar, über die transparente, gelbe Signalleuchte auf dem Dach.
Die vordere Schaufel kann mit zwei Handrädern bewegt werden. Die Funktionen, die mit den Kurbeln gesteuert werden, sind sehr direkt ausgelegt. Für meinen Geschmack etwas zu direkt.
Mein Fazit
Nachdem ich das Modell gebaut hatte und etwas damit rumspielte, merkte ich schnell, dass hier die alten, mir aus der Kindheit noch bekannten Bautechniken, an ihre Grenzen kommen. Durch die relativ direkten Übersetzungen an den Kurbeln hatte ich immer das Gefühl, dass die Zahnrädchen und Achsen überfordert sind. Die Pneumatik hingegen funktioniert perfekt, kein Wunder, dass sie das alte Einkanal-System damals ablöste, ein echter Fortschritt! Auch die Hecklastigkeit macht das Spielen und Rangieren mit dem Modell nicht immer ganz einfach. Es ist trotzdem ein beeindruckendes Set und mit der sentimentalen-rosaroten-früher-war-alles-besser Brille natürlich immer noch begehrenswert.
Der Steckbrief
Artikelnummer: 8862
Set-Name: Schaufelbagger/ Backhoe Grader
Baureihe: Technic
Teilezahl: 671
Erscheinungsjahr: 1989
Bauzeit: ca. 2 Stunden
Altersfreigabe: ab 12 Jahre
Verkaufspreis: 109,– DM