Als letztes Jahr im September die drei LEGO Ideas Fan-Projekte im LEGO House in Billund vorgestellt wurden, die als Kaufset umgesetzt werden, war die Freude groß. Über das sogenannte „spielbare“ Klavier habe ich mich persönlich sehr gefreut. Nicht, weil ich Musiker bin oder klassische Musik liebe, sondern weil dieses Projekt in meinen Augen das Konzept hinter der Ideas-Reihe besser trifft als die zahlreichen Film- und Fernsehsets.
Nun ist es also da, das LEGO 21323 Ideas Grand Piano. Als bekannt wurde, dass es nicht nur spielbar sein wird (also sich die Tasten drücken lassen), sondern auch über die LEGO Powered Up App Musik spielt, konnte ich den Verkaufsstart kaum noch erwarten.
Der Fan-Entwurf
Zur Erinnerung hier noch ein Bild des eingereichten Fan-Entwurfs von Donny Chen. Im Inneren des Flügels sieht es doch deutlich anders aus als im finalen Kauf-Modell. Dafür haben die LEGO Designer äußerlich viel übernommen.
Die Verpackung
Als mir der Store-Mitarbeiter die Tüte mit dem Karton in die Hand gab, war ich erst einmal erstaunt über das Gewicht. Mit Umkarton und Papiertüte bringt es das Set auf über sieben Kilogramm. Wer also vom Store nach Hause einen weiten Fußweg hat, die Tüte wird mit der Zeit wirklich schwer.
Optisch ist der Karton an die 18+ Sets angelehnt. Deutlich zu sehen ist auch das LEGO Powered Up Symbol. Die Komponenten sind enthalten. Wie bei vielen anderen großen Premium-Sets gewohnt, ist im Inneren noch eine Extra-Schachtel für die Bauanleitung und die ersten zehn Bau-Tüten. Aber Achtung, bei mir waren die Beutel zum Bauschritt fünf nicht im kleinen Karton, sondern bei den restlichen Beuteln im großen Karton! Die Schachtel muß übrigens nicht aufgerissen werden, sondern wird auf der Rückseite durch vier Siegel gehalten und kann nach durchtrennen dieser ganz normal geöffnet und auch wieder verschlossen werden. Das hat mir gefallen, zudem ist die Set-Verpackung auch sehr stabil.
Der Inhalt
Eigentlich zeige ich euch an dieser Stelle immer die neu gestalteten Teile des Sets. Ich konnte allerdings kein neues Teil von der Form her finden. Einige „alte“ Teile erstrahlen in einer neuen Farbe oder sind nun nach langer Zeit wieder in schwarz erhältlich. Glücklicher Weise hat der dänische Spielwarenhersteller auf Aufkleber verzichtet, was bei diesem Preis und nur zwei zu bedruckenden Teilen auch selbstverständlich sein sollte.
Die mit Spannung erwartete schwarze Fliese mit dem goldenen LEGO Schriftzug ist leider eine inverte Fliese, somit nicht ganz so universell einsetzbar wie erhofft. Außerhalb der fast 40 nummerierten Tüten sind die LEGO Powered Up Komponenten, die großen Platten und einige Spezialteile separat verpackt.
Die Bauanleitung
Was ein Wälzer! Auf 564 Seiten in 840 Bauschritten wird der Aufbau des Meisterstücks erklärt. Bevor es aber zum Bauen geht, stellen sich die Designer noch vor.
Obwohl für das Projekt Woon Tze Chee als Hauptverantwortlicher gelistet ist, haben scheinbar noch einige namhafte andere LEGO Designer bei dem Klavier mitgeholfen. Auf den Bildern ist Mike Psiaki zu sehen, der zum Beispiel den Creator Expert Ford Mustang gemacht hat, Carl Meriam (er designte das Mitarbeiter Weihnachtsset von 2018) sowie Steen Sig Andersen abgebildet. Alles sehr gute und langjährige Designer-Größen bei LEGO. Mir scheint bei diesem Set waren einige schwierige bautechnische Nüsse zu knacken.
Der Zusammenbau
Der Aufbau ging sehr kurzweilig und zügig voran. Ein Grund dafür sind sicherlich die vielen kleinen und übersichtlichen Bauschritte. Durchschnittlich sind pro Abschnitt nur ca. 165 Teile zu verarbeiten. Gepaart mit der sehr detaillierten Bauanleitung kommen eigentlich keine Fragen auf. Diese Einfachheit ist natürlich den erhofften vielen Neukunden geschuldet. LEGO möchte ja den Neueinsteiger nicht gleich beim ersten Set vergraulen. Im Inneren halten sich die Farbwechsel auch in Grenzen, später ist eigentlich nur schwarz und Beige zu sehen.
Drei LEGO Powered Up Komponenten kommen hier zum Einsatz. Der Hub, ein L-Motor und ein Bewegungs-Sensor. So habe ich es jedenfalls erkannt, allerdings bin ich bei Weitem kein Powered Up Fachmann! Der Motor treibt auf jeden Fall eine Art Nockenwelle an, die dann mit ihren Nocken die Klaviertasten bedient. Das bedeutet also, egal welches Lied ihr spielt, es bewegen sich die Tasten immer im selben Modus. Lediglich die Geschwindigkeit variiert.
Der Deckel, der die „Technikabteilung“ vom sichtbaren Teil trennt ist sehr stabil, wie eigentlich alles am Modell. Hier wurde mit Teilen an keiner Stelle gespart.
Um etwas die Größe des Modells anschaulich zu machen, habe ich mich einmal daneben gestellt. In dieser Phase ist alles noch etwas wackelig. Am Ende ist das Klavier aber sehr stabil!
Der Hub wird unter einer Klappe an der Seite versteckt und kann sehr gut zum Batteriewechsel oder zum Ein- und Ausschalten erreicht werden.
Der Boden sieht zwar etwas bunt aus, ist aber später eigentlich nicht zu sehen, es sei denn, ihr stellt das Klavier sehr weit oben in eurem Regal ab.
Für mich ist das Herzstück des Pianos die Klaviatur. Zwar wiederholen sich einige Bauschritte immer wieder, dass ist natürlich nicht zu vermeiden. Aber die Baulösungen und das Entstehen der Tasten war für mich das bauliche Highlight. Die gesamte Klaviatur wirkt sehr wacklig, aber hält trotzdem perfekt zusammen und kann wirklich problemlos immer wieder zur Veranschaulichung aus dem Klavier genommen werden.
Da ich kein Klavierbauer bin und auch noch nie so ein Instrument genauer betrachtet habe, hier nun eine Frage an die Spezialisten unter euch:
Bei den Tasten rechts, also den „hohen“ Tönen trifft der Hammer genau auf eine Stange. Bei den restlichen Tönen trifft der Hammer nicht mehr genau. Bevor ich das als Mangel ankreide, müsste ich natürlich wissen, ob es nicht auch beim echten Instrument so ist. Mich hat es jedenfalls gestört, passt irgendwie nicht so ganz zum sonst perfekten Eindruck des Modells.
Die schöne LEGO Fliese kommt in die Klappe über der Tastatur. Jetzt könnte ich eigentlich schon spielen, fehlt nur noch der Deckel und der höhenverstellbare Hocker.
Nach circa neun Stunden entspannter Bauzeit steht es nun vor mir. Besonders knifflig war der Zusammenbau nicht, bei der „Nockenwelle“, die die Tasten später im Automatikbetrieb drückt, sollte zwar darauf geachtet werden, dass die Nocken richtig stehen, aber wer sich hier verbaut, hat nur eine andere Tastenfolge später, wenn der Motor läuft. Die eigentliche Funktion wird dadurch nicht beeinträchtigt.
Egal in welcher Stellung ihr das Grand Piano präsentiert, es macht immer einen edlen Eindruck. Allerdings braucht es Platz, um zu wirken.
LEGO 21323 Ideas Grand Piano
Hier ist das Masterpiece! So nennt LEGO seine neueste Ideas Schöpfung. Ich meine zurecht, auch mich, als klassischer Musik-Banause hat das Set gefesselt. Getoppt wird es dann nur noch von den Spielfunktionen.
Das Klavier kann in seine Hauptkomponenten recht einfach zerlegt werden, um es Freunden zu zeigen oder sich einfach über die Mechanik zu freuen.
Die Pedale in Chrom haben mir beim Fan-Entwurf besser gefallen. Aber wie wir wissen, Chrom ist bei LEGO leider Geschichte.
Das Grand Piano in bewegten Bildern
Bevor wir zu den bewegten Bildern mit Musik kommen, hier noch eine kurze Erklärung zur Funktionsweise und der Reset Funktion. Sobald das automatisch spielende Lied unterbrochen wird, bleiben die Tasten gedrückt stehen. Um wieder auf die Ausgangsposition zurückzukommen, dreht der Motor „rückwärts“ gegen einen Anschlag auf Block, um wieder auf die Nullstellung zu kommen. Dann schaltet er wegen Überlastung ab. Diese Lösung gefällt mir nicht so gut, wirkt für mich immer wie Material-Überbelastung.
Zuerst spielen wir im Automatikmodus. Hier bewegen sich die Tasten wie von Geisterhand. Aber egal welches Stück ihr spielen last, die Tasten bewegen sich immer gleich. Lediglich die Geschwindigkeit variiert von Lied zu Lied.
Viel spannender finde ich den „Spielen“ Modus. Dazu könnt ihr das Handy auf das Klavier in den Notenhalter legen. Der Bildschirm zeigt dann die Noten, die sich bewegen, wenn ihr auf der Klaviatur spielt. So entsteht der Eindruck, ihr spielt wirklich das Stück auf dem LEGO Klavier.
Die Umsetzung mit dem Bewegungssensor ist wirklich perfekt gelöst. Natürlich könnt ihr keine eigenen Töne am LEGO Piano erzeugen, aber das vorgegebene Lied kann mit verschiedenen Geschwindigkeiten und Pausen 1zu1 gespielt werden. Das hat mich sehr beeindruckt!
Die Hintergrund Geräusche der LEGO Technic und des Powered Up Motors stören etwas den Hörgenuß, aber anders sind die Funktionen meiner Meinung nach leider nicht zu lösen. Wer Lust am Basteln hat, findet im inneren des Klaviers sicher noch einen Platz für einen kleinen Bluetooth Lautsprecher, dann kommt der Ton auch direkt aus dem Piano.
Mein Fazit
Für mich ist dieses Grand Piano eines der besten Ideas Sets, die LEGO bisher auf den Markt gebracht hat. Das Klavier ist sehr dekorativ und auch ohne Powered Up mit Funktionen ausgestattet. Beim Bauen habe ich viel über Klaviere gelernt und mit der App-Spiel-Funktion macht es unheimlich Spaß, das Piano zum Leben zu erwecken. Den Preis von knapp 350 Euro finde ich bei über 3.600 Teilen und den Elektronik-Komponenten nicht einmal übertrieben.
Ob diese Menge an Geld für ein LEGO Set überhaupt gerechtfertigt ist, führt zu einer Grundsatzdiskussion, die eigentlich immer ohne Ergebnis endet. Für mich werfen sich eher zwei andere Fragen auf. Was mache ich mit dem Modell, wenn LEGO die App nicht mehr unterstützt? Bis jetzt waren LEGO und Computer meist keine langen Partner. Das liegt natürlich auch am Fortschritt bei solchen Applikationen, die entwickeln sich einfach im Laufe der Zeit weiter. Und was mache ich mit den ganzen schönen 18+ Sets? Alle sind toll zu bauen, aber machen als Lifestyle-Ausstellungsstücke meist mehr Sinn.
Ich bin mir sicher, dass es spätestens beim dritten großen Showmodell im Wohnzimmer eng wird, ganz zu schweigen von den Einwänden der besseren Hälfte. Wie macht ihr das mit diesen Ausstellungsstücken? Aufbauen, ausstellen, zerlegen, einlagern oder wieder verkaufen? Ich bin auf eure Kommentare sehr gespannt.
Der Steckbrief
Artikelnummer: 21323
Set-Name: Grand Piano
Baureihe: Ideas
Teilezahl: 3.662
Erscheinungsjahr: 2020
Bauzeit: ca. 9 Stunden
Altersfreigabe: ab 18 Jahren
Verkaufspreis: 349,99 Euro