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Torben Plagborg: LEGO Designer und Zug-Fan im Interview

Inhaltsverzeichnis

Wenn Torben Plagborg heute die eine oder andere LEGO-Bauanleitung in die Hand nimmt, steht auf den ersten Seiten des Öfteren der Designer des Sets. In den modernen Zeiten von Social Media und Co. sind die Namen wie Jamie Berard, Mike Psiaki oder Justin Ramsden keine Unbekannten mehr in der AFOL-Szene. Jeder kennt sie von Instagram oder YouTube. Doch auch schon vor 30, 40 oder 50 Jahren gab es LEGO Designer, deren Namen aber in der Regel in der Anonymität verschwunden sind. Doch gerade diese alten Designer haben uns viele tolle Sets unserer Kindheit beschert – und man weiß (fast) nichts über sie.

Als ich mein Classic-Review zum LEGO 4558 Metroliner angefangen habe zu schreiben, packte mich der Ehrgeiz und ich wollte herausfinden, wer für dieses Set verantwortlich war. Durch ein bisschen Recherche und Glück kam ich tatsächlich in Kontakt mit Torben Plagborg – der nicht nur den Metroliner entworfen hat, sondern auch für die Einführung des 9V-Systems und vieler weiterer Modelle in der Eisenbahnwelt verantwortlich war. Schneller als ich ihn gefunden hatte, kam auch eine Antwort von ihm – auf deutsch!

Er erzählte mir von seinem spannenden Leben, seinem Werdegang bei LEGO und was er heute macht. Auch Fotos schickte er mir, die einen Einblick in die 80er und 90er Jahre zeigen. Auf diese kleine exklusive Reise möchte ich euch in dieser Kurz-Biografie mitnehmen und nochmals DANKE an Torben sagen, der mir erlaubt hat, all dies zu veröffentlichen!

Torben’s Kindheit

Geboren ist Torben im August 1959 in Grindsted, einem Ort nahe Billund. Schon in frühen Jahren begann sein Interesse an Autos und Zügen. Seine Mutter erzählte ihm immer wieder, dass er schon die verschiedensten Automarken nennen konnte, noch bevor er seine eigene Muttersprache komplett beherrschte. Zudem hatten seine Großeltern mütterlicherseits besten Kontakt zum örtlichen General Motors Händler, wodurch er viele Autokataloge in die Hände bekam. Die Eltern seines Vaters wohnten direkt an der Eisenbahnlinie, so dass schließlich auch Züge begannen eine große Rolle in seinem Leben zu spielen. Dazu muss man auch wissen, dass Grindsted zur damaligen Zeit ein zentraler Eisenbahn-Knotenpunkt in Jütland war – nur eine Strecke wurde früh wieder geschlossen, und zwar die nach Billund.

An Weihnachten im Jahr 1963 war dann die Liebe zur Eisenbahn endgültig besiegelt, als er und sein jüngerer Bruder ein Fleischmann-Starterset mit jede Menge Zubehör bekamen.

Später wurde im elterlichen Wohnhaus die Heizung von Kohle auf Öl umgestellt, sprich es war plötzlich Platz im alten Kohlenkeller – Platz für eine große Eisenbahnplatte. Doch wie es bei jedem Heranwachsenden so ist, die Interessen schlugen auf Mopeds und Mädchen um. Jedoch verlor er seine eigentliche Leidenschaft nie aus den Augen – so durften auch zahlreiche Wiking-Modelle in seiner Sammlung als Teenager nicht fehlen.

Vom Kaufmann zu LEGO A/S (1984)

Nach seiner Schulzeit hat er im Jahr 1977 eine Lehrstelle als Kaufmann begonnen und war in der Firma bis 1980 angestellt, bevor er für neun Monate in den Wehrdienst ging. In dieser Zeit absolvierte er erfolgreich fast alle Führerscheinklassen, die für sein späteres Leben noch von Nutzen sein sollten. Anschließend tingelte er durch die verschiedensten Berufe – angefangen als Taxi-Fahrer, als Kleinbus- und Reisebusfahrer, sowie Reiseleiter. Auf diesen Reisen war er viel in Tirol und Nordbayern unterwegs, wo ihm zahlreiche Lokomotiven begegneten. Besonders die Modelle BR194 und RH1020 hatten es ihm angetan – letztere war später sogar das Vorbild zum LEGO 4551 Krokodil.

Im Jahr 1981 bekam er ein Angebot seiner alten Firma, in der er gelernt hatte. Dort arbeitete er in der Tätigkeit als Lagerleiter, welche er auch die kommenden zwei Jahre ausüben sollte – bis eine finanzielle Lage seinen Job unsicher machte und er dadurch als LKW-Fahrer weiter seine Brötchen verdiente.

Im Sommer 1984 entdeckte er schließlich eine Zeitungsannonce, in der LEGO Modellbauer und Modelldesigner suchte. Modellbau? Darauf schlug er an, denn das gehörte immer noch zu seinen Leidenschaften. Also bewarb er sich und durchlief einen zweiteiligen Prozess. Laut seinen Aussagen gab es 30 bis 40 Bewerber auf drei freie Stellen. Der erste Abschnitt war ein Bauwettbewerb, bei dem jeder Teilnehmer eine Tüte mit LEGO Steinen bekam, um sich kreativ auszutoben und zu beweisen. Torben erinnert sich, dass er ein paar Autos und ein Haus baute, aber mit seinem Ergebnis nicht wirklich zufrieden war. Offenbar hatte es für die Prüfer bei LEGO aber ausgereicht, so dass er in die “zweite Runde” kam.

Hier erhielt er ein paar Fragebögen, in denen sein ganzes Profil durchleuchtet wurde und er auch einen Überblick über seine persönlichen Fähigkeiten abgeben musste. Diese wurden schlussendlich auch bewertet und waren der Grundstein für das eigentliche finale Bewerbungsgespräch. Sicherlich halfen ihm dabei auch sein Wissen im Modellbau und die Fachkenntnisse über Logistik und Transport weiter.

Am 01.08.1984 wurde er schließlich in der Produktentwicklungsabteilung als fünfter Mitarbeiter der LEGO Town Entwicklungsgruppe eingestellt.

Das folgende Foto stammt aus dem Jahr 1987. Torben Plagborg betitelte es als “Büro in der LEGO Villa”, in welchem ein Kollege gearbeitet hat. Auf meine Nachfrage, welche Villa das denn sei, entgegnete er mir “Ole Kirks House” – da war ich dann wirklich baff und nun fiel mir auch der Erker auf, in dem er sitzt. Dort tüftelte sein Kollege also an neuen Modellen, während Torben selbst sein Büro zum Hinterhof hatte.

In jenem Büro, in der “LEGO Villa”, sammelten sich im Laufe der Zeit sehr viele verschiedene Modellvorschläge an – hauptsächlich solche, die seiner Leidenschaft entsprachen – Autos und Züge. Und wie man sieht, Straßen-und Grundplatten gab es hier auch in Massen.

Am 01.02.1988 trat Torben eine neue Stelle beim dänischen Spielwarenhersteller an. Ab sofort war er Produktliniendesigner. Es war geplant, dass eine Gruppe von drei Mitarbeitern die Entwicklung einer neuen Eisenbahn-Reihe voran treiben sollte. Die Lancierung dieser neuen Eisenbahn war für 1991 vorgesehen. Man gab den drei Designern Torben Plagborg, Claas Runo Järnros und Bjarne Juhl Larsen also gut 2,5 bis 3 Jahre Zeit, um die Produkte marktreif zu machen.

In dieser Zeit hat er also nicht nur die erste Welle der neuen Eisenbahnlinie mit neuen Elementen, neuen Modellen und dem neuen 9V-Stromsystem entwickelt, sondern auch noch einige weitere Sets, die nachfolgend im Jahr 1993 auf den Markt kamen.

Der Wechsel zum LEGOLAND Billund (1993)

Schon im Jahr 1992 sollte sich ein neuer Weg für Torben Plagborg anbahnen. In Aussicht stand, dass neue LEGOLAND Parks eröffnet werden sollten, das weckte seine Neugier. Laut seiner Aussage war für ihn im wahrsten Sinne des Wortes nun der “Lego-Train abgefahren” und er suchte eine neue Herausforderung. Er wollte sich mit dem Modellbau für den Park beschäftigen.

Doch ganz mit leeren Händen wollten ihn seine ehemaligen Kollegen nicht gehen lassen, so erhielt der Eisenbahn-Narr vom alten Kollegium noch einen Nachbau des Schienenbusses VGJ SM6 + SP1, welches Bjarne Juhl Larsen gebaut wurde – standesgemäß mit 9V Vortrieb.

Am 01.02.1993 wurde Torben schließlich als Leiter des Modellbaus und der Modellbau-Entwicklungsabteilung eingestellt. Selbst gebaut hat er ab diesem Zeitpunkt aber nicht mehr.

Kurz bevor Torben eingestellt wurde, wurde auch die Anzahl der Mitarbeiter von 12 auf 24 verdoppelt. So ergaben sich anfängliche Schwierigkeiten, alles neu zu organisieren und zu managen. Doch die Herausforderung wurde gemeistert und ab dem Sommer 1993 kamen noch die zusätzlichen Aufgaben für den neuen LEGOLAND Park Windsor und später auch Kalifornien dazu.

Hier ein Bild bei der Eröffnung des niederländischen Teils in Billund.

Am 01.08.1994 feierte Torben dann sein zehnjähriges Jubiläum bei LEGO. Auch hier darf die Eisenbahn im Hintergrund nicht fehlen.

Nachdem die Organisation des Parks geändert und mit einem neuen Namen versehen wurde – in Attraction Centre – wurde es für seine Kollegen und ihn so langsam immer schwieriger mit dem Ideenreichtum, der Kreativität oder auch den Details ihrer Modellarbeit.

Ab dem Frühjahr 1997 gab es die ersten Probleme mit der Chefetage, denn es wurde “von oben” gefordert, dass die Mitarbeiter in Billund – mit jahrelanger Erfahrung und Tradition – auf das gleiche Niveau in Bezug auf Details und Genauigkeit wie die neuen Kollegen in Windsor zu kommen. Das sah Torben anders und hätte es gern umgekehrt gesehen. Doch er fand kein Gehör. Ebenso kam hinzu, dass die Instandhaltung der Modelle in Billund sehr vernachlässigt wurde, was er nur schwer akzeptieren konnte.

Die folgenden Bilder zeigen die Modelle und den Entwurf für die neue Hafenanlage 1997 – anbei auch ein sehr markantes Detail – die Olsenbande mit ihrem alten Chevy. Der Entwurf dafür stammt übrigens von Leif Poulsen und Carsten Sørensen . Wer heute also noch durch das Miniaturland im LEGOLAND Billund schlendert, sollte seine Augen offen halten.

Aus den ganzen Unstimmigkeiten folgte schlussendlich sein Ende bei LEGO. Am 01.02.1998 hat er dem Konzern den Rücken gekehrt.

Aber auch hier hatte er nette Kollegen um sich herum, die zum Abschied noch ein kleines – oder doch eher mächtig gewaltiges Geschenk für ihn hatten: eine NOHAB DSB MX 1001, designt von Carsten Sørensen.

Zurück in den Alltag (ab 1998)

Nach seiner Zeit bei LEGO kehrte er in die Logistik zurück. Er arbeitet heute wieder in einer Firma als Leiter der Lagerung und machte zwischendurch auch noch eine Ausbildung zum Spediteur. In den nächsten drei bis vier Jahren möchte Torben dann in den Ruhestand gehen, um mehr Zeit für seine Familie bzw. seine zwei Enkelkinder zu haben.

Torben Plagborg ist seit 1984 mit seiner Frau Bente verheiratet, welche er 1979 kennenlernte. Sie arbeitet seit 1998 bei LEGO und feiert bald ihr 25-jähriges Jubiläum. Die beiden haben einen Sohn (Morten) und eine Tochter (Rikke), die beide während ihres Studiums auch für LEGO gearbeitet haben.

Noch heute schlägt sein Herz für die Eisenbahn. Er unternimmt mit Gleichgesinnten Ausflüge zu Modellbahntreffen in Deutschland (z.B. Intermodellbau Dortmund), nach Hamburg zum Miniatur-Wunderland oder einfach nur Reisen in die deutschsprachigen Länder, um den Zugverkehr zu beobachten. Und wenn er mal nicht unterwegs ist, ist er gern in seinem ca. 62 qm großen Hobbyraum, wo all seine Modelle untergebracht sind.

In diesem Sinne:

Die Zeit wird kommen, in der Menschen in dampfbetriebenen Postkutschen von einer Stadt zur anderen reisen, fast so schnell wie ein Vogel fliegt, fünfzehn oder zwanzig Meilen in der Stunde.” (Oliver Evans)

Danke, Torben.

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Kommentare

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22 Antworten

  1. Dieses Eisenbahnvirus sollte wirklich mal eine Studie abgekommen… bin selbst betroffen. Würde aber mal gerne mehr über Entstehung und Verbreitung erfahren

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  2. Sehr schöner Artikel! Und mal was anderes! Das ist es was Promobricks von den anderen Newsblogs unterscheidet! Gerne mehr solche Beiträge!

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  3. Sehr schöner Artikel, wovon es echt mehr geben sollte. Interessant ist natürlich, das es auch bei Lego Licht und Schatten gibt.

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  4. Lieber Torben Plagborg, deine designten 9-V-Eisenbahnen haben mir als Kind sehr viele schöne Spielstunden beschert, vielen Dank dafür 🙂

    Es ist aber auch krass, wie viele Entwürfe es nicht geschafft haben. Dieser 7-teilige Zug mit Steuerwagen im ersten Bild wäre doch der Hammer gewesen.

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  5. 9v Trains played a major part in childhood and were responsible for many great hours. I would like to thank you Torben for creating such a wonderful system and thank you Daniel for this interview.

    I very much like classic reviews on Promobricks and this special interview is really the icing on the cake. I would love to read a similar with the designer of 8868 (probably Olev Kroigaard), 8880 and 8480 with some insights of designing the legendary Technic models.

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  6. Der Schienenbus würde wie geschnitten Brot über die Theke gehen. Er hatte wundervolle Kollegen, schade das die Chefetage ihn letztlich vertrieben hat. Ein richtige Chef wäre dankbar für mitdenken Mitarbeiter.

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  7. Spannend, wie Designer praktisch per lokaler Zeitungsanzeige + “Bauprüfung” rekrutiert wurden – Hauptsache in der Nähe, und Hauptsache kreativ, Rest egal.
    Man würde erwarten dass man heute ein Produktdesign-/Industriedesign-/Gaming-/Produktmanagement-Studium mitbringen muss. Vermutlich ist das auch im Management-Beeich so, andererseits rekrutieren sie inzwischen auch MOC-Designer die sich im Internet bemerktbar machen, also auch vor allem durch Kreativität auffallen (und ggf. umzugswillig sind) – so everything’s not lost 🙂

    Zum Bericht: ich weiß ja nicht, was der Interview-Modus und die Bereitschaft zur Auskunft von Herrn Plagborg war, irgendwie hatte ich mir erhofft, etwas mehr Einblick in die Entscheidungen beim neuen System zu erfahren. Warum weg von der hohen Steuerungskomplexität des alten Systems über den Trafo und Zusätze, war das ein Wunsch der Designer oder vom Management oder gab es Tests dass das gar nicht sooo genutzt wird, … wo sah man die Vorteile fürs Spiel, wo im Bau, wo im Verkauf, wo in der Produktion. Klar … die Schienen sind weniger komplex in Herstellung und Verwendung – aber mit diesem augenscheinlichen Vorteil wurde vieles andere auch weg gelassen was jetzt nicht unbedingt eine logische Konsequenz aus der Schienenumstellung war.

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    1. In diesem Bericht ging es nur um die Person Torben Plagborg. Eine kleine Kurz-Biografie. Kein Einblick in die Tiefen des Systems – dazu gab es zumindest ein paar kurze Auskünfte, die ich im Metroliner (4558) Artikel dargelegt habe. Man kann eigentlich auch froh sein, überhaupt noch irgendwelche Infos aus der Zeit erhalten zu können, bzw. dass man einen Designer gefunden hat, der 1. auskunftsfreudig war und 2. sich noch an einiges erinnern konnte. Schlussendlich hat er nur die Vorgabe bekommen: Wir wollen das so und so – setzt das um!

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      1. Danke für die Rückmeldung (sollte auch eigentlich keine Kritik am Artikel sein, ich hoffe das ist nicht so rüber gekommen – alles was sich da noch zutage fördern lässt ist ja schon ein Gewinn!)

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