Es gibt LEGO Sets, welche einer bestimmten Aktualität unterliegen und es gibt wiederum Modelle, welchen bereits zu Beginn eine gewisse Zeitlosigkeit anhaftet. Zu letzteren zählt mit großer Wahrscheinlichkeit das LEGO Iconic Schach (40174). Doch wie weit versteht es LEGO, ein schönes Äußeres mit der Spielbarkeit eines Brettspieles zu verbinden? Dies soll in diesem Review erörtert werden.
Erster Eindruck
Das Set wird aktuell für 54,99 Euro im LEGO Store angeboten und umfasst rund 1.450 Teile. Neben den für das Schachspiel benötigten Figuren enthält das Modell auch kleine runde Spielsteine für das Dame-Spiel.
Ob sich das Set für den geforderten Preis zum „Ausschlachten“ eignet, muss jeder für sich selbst entscheiden, die meisten Teile dürften jedoch zum Pflichtrepertoire eines jeden LEGO Bauherren gehören und sind zudem nicht selten auch in LEGO Pick-a-Brick Wänden zu finden. Seltene oder gar nur in diesem zu findende Bauteile hält das Modell nicht bereit. Daher bietet dieses größtenteils „normale“ Steine, eine Vielzahl von Fliesen und Jumper Plates sowie acht große dunkelgraue 16×16-Platten.
Die Bauanleitung
Wer zudem interessante Bautechniken erwartet, wird sich ebenfalls enttäuscht sehen, auch wenn die Umsetzung der Figuren mit ihren Details sehr gefällt. Dennoch hängt dem Zusammenbau des Sets etwas Meditatives an, viele Bauabschnitte wiederholen sich mehrfach. Daher erstreckt sich die Bauanleitung des Schachspiels über lediglich 66 Seiten, unterteilt in 162 Bauabschnitte.
Das Set ist für Kinder ab neun Jahren empfohlen, dementsprechend ist auch die Anleitung aufgebaut. Es werden zwar nicht wie bei vielen anderen Anleitungen oftmals kritisiert für jeden Bauabschnitt lediglich ein bis zwei Teile hinzugefügt, etwas mehr könnte LEGO seinen Kunden dennoch zutrauen.
Positiv hervorzuheben ist der Umstand, dass LEGO in der Anleitung im Gegensatz zu vielen anderen Anleitungen bereits im Vorfeld angibt, welche Figuren oder Bereiche mehrfach gebaut werden müssen. So lassen sich viele Abschnitte parallel bauen, was die Bauzeit erheblich verkürzen kann. Wer diese also so weit wie möglich hinauszögern will, sollte alle Abschnitte strikt nacheinander bauen.
Die 1.450 Teile werden bei dem Modell in 14 Beutel verpackt. Da immer wieder gleiche Teile zur Verwendung kommen, ist es ratsam, nach Öffnen der selbigen die Teile zunächst nach Farbe und Form zu sortieren – das beschleunigt den Zusammenbau ebenfalls enorm.
Der Stauraum
Der Zusammenbau beginnt zunächst mit dem Unterbau des Spielfeldes, in welchem anschließend die Figuren verstaut werden können. Dieser unterteilt sich in zwei Einheiten, welche in der Mitte auseinander genommen und wieder zusammen gesteckt werden können – was den Platzverbrauch des Spiels beim Wegräumen stark verringert. Dementsprechend unterteilt sich auch die erste Bauphase.
Auch wenn die Bauabschnitte in diesem Bereich einfach ausschauen, sollte ein genaues Augenmerk auf die richtigen Teile gelegt werden, denn sonst stimmt das sich an den Seiten aufbauende Muster (auf der einen Seite schwarz-rote, auf der anderen Seite weiß-blaue Linien) am Ende nicht. Wer sich hier nicht konzentriert, wird schnell einige Bauschritte ausbessern müssen. An dieser Stelle würde das Konzept manch anderer Hersteller von Klemmbausteinen, nur die neu hinzugekommenen Teile farbig und die bereits gebauten blasser darzustellen, für deutlich weniger Verwirrung sorgen. Wem in dieser Phase also ein Fehler unterläuft sollte sich nicht ärgern – er befindet sich mit seinem Fehler sicherlich in guter Gesellschaft.
Der komplette Zusammenbau des Unterbodens nimmt, keine Fehler vorausgesetzt, ungefähr eine Stunde in Anspruch. Wird sich nicht verbaut, sollte sich bereits in dieser Phase der Puls um einige Schläge verringert haben. Fordernde Bautechniken werden hier vergebens gesucht, es gilt das strikte Prinzip des „ein Stein nach dem anderen“. Aber auch das kann etwas Beruhigendes und Erfreuendes besitzen.
Die Spielfläche
Als Grundlage für die Spielfläche dienen erneut vier 16×16-Platten, welche mit 1×2 und 1×4 Fliesen sowie 2×2 Jumper Plates bestückt werden. Auch hier gilt: Wer vorher sortiert kommt schneller zum Ziel. Noch mehr Zeit lässt sich sparen, wenn das Muster hinter der Zusammensetzung des Spielfeldes erkannt und eine Steinsorte nach der anderen aufgebracht wird. Dann sind alle vier Platten in wenigen Minuten bestückt und fertig.
Damit Nutzer auch wissen, wie herum die vier Quadrate auf die Spielfläche gesetzt werden müssen, befindet sich auf jeder Ecke der Auflage des Unterbaus eine weiße oder schwarze Markierung, welche die richtige Zusammensetzung des Spielfeldes vorgibt.
Die Figuren
Im vierten großen Bauabschnitt werden dann endlich die Figuren zusammen gesetzt – zuerst die schwarzen, mit dunkelroten Akzenten, und im fünften Abschnitt schließlich die weißen mit blauen Hervorhebungen. Auch hier gibt LEGO in der Bauanleitung direkt an, welche Figuren mehrfach gebaut werden müssen – wenn auch ein Schachspieler so etwas von selbst erkennen sollte.
Das Äußerliche der Figuren ist sehr gut getroffen, es wird sofort deutlich, welche Aufgabe jeder im Spiel zuteil wird. Auch die Stabilität ist zum Spielen ausreichend, im Test ist bei keiner Partie eine Figur auseinander gefallen.
Mit bereits genannter Vorsortierung sind alle 32 Figuren in rund 45 Minuten fertiggestellt. Der Schwierigkeitsgrad fällt auch hier gering aus, die Bautechniken sind recht einfach gehalten. Dennoch eignet sich das Set – zumindest was den Aufbau angeht – aufgrund der vielen kleinen Teile nicht für kleine Kinder.
Zu guter Letzt werden die Steine für das ebenfalls im Set enthaltene Dame-Spiel bestehend aus einer Rundplatte und einer Rundfliese in den Farben Rot und Blau zusammengesetzt. Alle Figuren und Spielsteine finden vor und nach dem Spiel bei der richtigen Sortierung Platz in den Aufbewahrungskästen und können so sicher und bequem verstaut werden.
Eine Partie Schach …
Nun kann endlich gespielt werden. Für Schachunkundige hat LEGO auf der letzten Seite noch einmal aufgeführt, wie die zum Spiel gehörenden Figuren aufgestellt werden müssen und wie diese bewegen werden können.
Doch auch wenn das Set noch so schön ausschaut, eine Schachpartie gestaltet sich nicht immer einfach. Hinter den Figuren sitzend werden oftmals die Bauern oder andere davor stehende Figuren nicht erkannt und gerade Kinder könnten hier wegen des unterschiedlichen Blickwinkels Probleme bekommen. Schwierig wird es vor allem die Figuren nach einem Zug wieder sicher auf die Jumper Plates zu setzen. Zwar können diese einfach mit 2×2-Fliesen aus dem eigenen Vorrat ausgetauscht werden, dann kann es jedoch passieren, dass aufgrund des kleinen Spielfeldes und dem sehr engen Abstand der einzelnen Spielfelder zueinander beim Zug versehentlich andere Figuren umgeworfen werden.
Der Vorteil des LEGO Systems kommt auf der anderen Seite dann zum Tragen, wenn während des Spiels ein Spieler eine zweite Dame erhält: Hier kann entweder eine entsprechende andere Figur mit einem Stein markiert oder aus dem eigenen Steinefundus bei Möglichkeit eine zweite Dame gebaut werden.
Fazit
Das Schach-Set von LEGO ist ein Hingucker, keine Frage. Die Figuren sind schön umgesetzt und das ganze Modell kann aufgebaut in einem Wohnzimmer ein gutaussehendes und schon etwas extravagantes Ausstattungsstück abgeben. Dennoch dürfte das Modell für ernste Schachspieler, welche regelmäßig spielen, nicht der komfortabelste Weg für eine Partie sein. Dafür ist das Spielfeld am Ende doch zu klein und die Figuren stehen zu nah beieinander – diese Umstände gestalten das Spiel unübersichtlich. Auf der anderen Seite muss man LEGO zu gute halten, dass eine Vergrößerung der Spielfelder von 4×4 auf 6×6 das ganze Set in der Gesamtfläche unweigerlich von 32×32 Noppen auf 48×48 Noppen vergrößert hätte. Dies hätte nicht nur Auswirkung auf den Preis, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf die Stabilität gehabt.
Wer jedoch hin und wieder eine kleine Partie mit der Familie oder Freunden spielen und die Spielfiguren auch einmal so stehen lassen möchte, dem sei ein Blick auf das Modell empfohlen. Ob LEGO Fans am Ende für das Set der Preis von fast 55 Euro wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Einen gewissen Reiz kann man ihm aber nicht absprechen.