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LEGO Ideas: Women of Computing sammeln 10.000 Unterstützerstimmen

Inhaltsverzeichnis

Wer an berühmte Computerpioniere denkt, dem fallen zuerst Männer wie Konrad Zuse, Bill Gates oder Tim Berners-Lee ein. Doch habt ihr schon einmal von Grace Hopper, Betty Holberton oder Gladys West gehört? Nein? Solltet ihr aber! Es waren diese Frauen, die dank ihrer bahnbrechenden Leistungen den Fortschritt von Computern maßgeblich vorangetrieben haben. Innovationen wie Compiler, verständliche Programmiersprachen, das GPS-System und ja, sogar die Idee des Programmierens selbst gehen allesamt auf Frauen zurück.

Dennoch gilt die Informatik immer noch als männlich geprägte Domäne und Vorstellungen von Nerds in Kapuzenpullis sind omnipräsent. Der LEGO Ideas-Entwurf „Women of Computing“ möchte das ändern und den Arbeiten von Wissenschaftlerinnen ein Denkmal setzen. Eine Idee, die breiten Anklang bei den Fans fand: In gerade einmal 70 Tagen wählten sie das Modell ins offizielle Review.

Beim Namen „Women of Computing“ wird der ein oder andere sicherlich an ein ähnliches Konzept gedacht haben: Die 21312 Women of NASA, die es 2017 bereits vom Ideas-Entwurf in die Verkaufsregale geschafft haben. Und tatsächlich handelt es sich auch hier wieder um die gleiche Designerin: Maia Weinstock aka 20tauri.

Über Designerin Maia Weinstock

Es kommt nicht allzu oft vor, dass man bei einer Fandesignerin auf so viele Informationen im Internet stößt wie bei Maia Weinstock. Groß war das Medieninteresse, als ihr Entwurf „Women of NASA“ als offizielles LEGO-Set realisiert wurde. In einer Reihe von Interviews und Podcasts mit verschiedenen Internetportalen gab sie damals nähere Auskunft über ihr Modell und ihre LEGO-Leidenschaft.

Weinstock ist stellvertretende Chefredakteurin des Pressebereichs des renommierten Massachussets Institute of Technology und das, was man wohl einen Science Geek nennen kann: Schon als Kind galt sie eigener Aussage nach als extrem wissbegierig und vielfach interessiert. Ihren Bachelor in Humanbiologie absolvierte sie an der Brown University und arbeitete danach für verschiedene Wissenschaftsmagazine, bevor sie ans MIT kam. Für sie genau der richtige Job, wie sie selbst sagt, denn hier kann sie ihren breiten Interessen nachgehen und über die unterschiedlichsten Themen aus dem Bereich Wissenschaft schreiben.

Die kleinen dänischen Steinchen entdeckte sie im Jahre 2009 für sich, als sie für das Portal BrainPOP zu einem Artikel über Ada Lovelace recherchierte und auf Flickr auf eine Nachbildung der Computer-Pionierin als Minifigur stieß. Von der Idee war sie so angetan, dass sie prompt selbst ihre Kollegin und Planetenwissenschaftlerin Carolyn Parco als Minifigur nachbaute. Was als Gag begann, wurde schnell eine Arbeit mit ernsten Absichten: Weinstock wollte nämlich auf die Leistungen lebender Wissenschaftler aufmerksam machen, die trotz großer Erfolge in ihren Disziplinen in der Öffentlichkeit nahezu unbekannt sind. So entstanden nach und nach weitere Figuren ihrer Kollegen und später auch von Koryphäen wie Stephen Hawking und Jane Goodall.

Vor 7 Jahren meldete sie sich dann auf LEGO Ideas an. Ihre erste Einreichung „Women of Justice“, die bekannte weibliche Persönlichkeiten der Justiz zeigte (darunter die letztes Jahr verstorbene Ruth Bader Ginsburg), wurde von LEGO zunächst als zu politisch abgelehnt, die verbesserte generische Variante erreichte aber nur etwas mehr als 4000 Stimmen. Auch „The Bioneers“ wusste nicht recht zu überzeugen, doch mit „Women of NASA“ gelang ihr der große Wurf: Innerhalb von 15 Tagen wählten die Nutzer den Entwurf ins Review, der von LEGO schließlich als Set realisiert wurde. Nach 5-jähriger Ideas-Pause nun also der nächste Anlauf mit den „Women of Computing“.

Das Modell besteht aus rund 800 bis 900 Teilen und zeigt in fünf Vignetten die Errungenschaften von sechs Pionierinnen der Informatik: Ada Lovelace, Grace Hopper, Betty Holberton, Jane Jennings Bartik, Gladys West und Annie Easley. Beim Design lehnte sich Weinstock an den finalen Entwurf des NASA-Sets an, entsprechend sind die Vignetten auf einer mit Slopes erhöhten Basis gebaut, wodurch sie sich perfekt zum Vorgängermodell ergänzen.

Wer genau sind die sechs “Women of Computing”?

Ada Lovelace (1815-1852) ist die Tochter des berühmten englischen Schriftstellers Lord Byron und darf zurecht als Begründerin der Idee der Informatik bezeichnet werden. Bedenkt man, in welchem Jahrhundert sie gelebt hat, ist das mehr als faszinierend. Zusammen mit dem Mathematikprofessor Charles Babbage arbeitete sie an der so genannten Analytical Engine, eine Rechenmaschine, die mit Lochkarten betrieben wurde. Doch anders als Babbage sah Lovelace das ungeheure Potential der Maschine: Sie erkannte, dass die Analytical Engine mehr war als eine simple Konstruktion zur Berechnung von Zahlen, sondern eine Maschine, mit der man komplexe abstrakte Algorithmen formulieren konnte.

Lovelace legte einen schriftlichen Plan zur Ausgabe der Bernouilli-Zahlen vor und gilt damit als die erste Programmiererin der Welt. Vollständig realisiert wurde die Analytical Engine jedoch nie: Die britische Regierung verweigerte die finanzielle Förderung. Ein Teil der Maschine ist jedoch heute noch im London Science Museum zu sehen – jener ist auch in der Vignette dargestellt, die Ada Lovelace mit ihrer Katze Mrs. Puff zeigt.

Den Begriff „Bug“ für einen Fehler in einem Computerprogramm kennt jeder. Aber wisst ihr auch, worauf er zurückgeht? Es war die Informatikerin Grace Hopper (1906-1992), die den Begriff verwendete, als tatsächlich eine Motte zu einer Fehlfunktion in einem Computerretail führte. Zwar war der Begriff „Bug“ bei Ingenieuren schon früher geläufig, doch erstmals im Zusammenhang mit Rechenmaschinen verwendete ihn niemand Geringeres als Grace Hopper. Ihre Leistungen jedoch nur auf die Verwendung des Begriffs „Bug“ zu reduzieren, würde ihrem Lebenswerk nicht gerecht werden.

Hoppers Errungenschaften sind vielzählig: Sie hatte den Einfall, Computerprogramme in einer verständlichen Sprache statt mit Nullen und Einsen zu formulieren und entwickelte mit dem A-0 den ersten Compiler der Welt. Eng verbunden mit ihrem Wirken sind die Computermodelle Mark I, Mark II und UNIVAC, an deren Entwicklung sie maßgeblich beteiligt war. Zudem leistete sie bedeutende Vorarbeiten zur Programmiersprache COBOL. Die als ausgesprochen kommunikativ und schlagfertig geltende Hopper war jedoch auch eine große US-Patriotin: Im Zweiten Weltkrieg meldete sie sich für die US-Marine und diente ihr bis ins hohe Alter.

Das erklärt auch, warum sie in der Women of Computing-Vignette in Marineuniform zu sehen ist. Das Modell zeigt ferner den Computer UNIVAC und eine Reihe von Anspielungen, darunter die berühmte Motte und eine rückwärts laufende Uhr. Letztere hatte sich Hopper an die Wand aufgehangen, da sie die Einstellung vieler Menschen missbilligte, Dinge so anzugehen, wie man es schon immer getan hatte. Für sie war entscheidend, Neues auszuprobieren und Wagnisse einzugehen. Die rückwärts laufende Uhr sollte sie stets daran erinnern. In der Hand hält Hoppers Minifigur außerdem ein Stück Draht, das sie dazu benutzte, um ihren Studenten den Unterschied zwischen Nano- und Mikrosekunden zu erklären.

Betty Holberton (1917-2001) und Jean Jennings Bartik (1924-2011) waren zwei der sechs Programmiererinnen, die an der Entwicklung des ENIAC-Computers der University of Pennsylvania arbeiteten. Die Maschine sollte dem US-Milität dabei helfen, ballistische Flugbahnen zu berechnen. Nach der Beteiligung am Projekt entwickelte Holberton ein statistisches Analyseverfahren für die US-Volkszählug von 1950 und verbesserte die FORTRAN- und COBOL-Programmiersprachen. Bartik hingegen tüftelte am BINAC, dem Nachfolgemodell des ENIAC, mit dem Ziel, die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Die Vignette zeigt die beiden Pionierinnen bei der Arbeit am ENIAC.

Dass wir heute ohne uns zu verlaufen überall verreisen können, haben wir dem GPS zu verdanken. Bedeutende Vorarbeiten dazu kamen von Gladys West (1930-), die eine komplexe mathematische Modellierung der Erde vornahm. Zudem leistete sie bedeutende Berechnungen zu den Umlaufbahnen von Pluto und Neptun. In ihrer Women of Computing-Vignette ist Gladys samt einem Globus zu sehen, der von Satelliten umkreist wird.

Annie Ealey (1933-2011) war die erste afroamerikanische Informatikerin der NASA. Mit ihren Arbeiten zu einer Software für die Centaur-Raketenoberstufe legte sie die technologische Grundlage für die Entwicklung von Space Shuttlen und Satelliten. Folglich zeigt ihre Vignette Easley im Kontrollraum des NASA Lewis Engine Research Buildings und ein Miniaturmodell einer Titan-Rakete der Centaur-Raketenoberstufe. Das LEGO-Modell ist nicht zuletzt die Nachstellung des wohl berühmtesten Fotos von Annie Easley: Auf diesem ist sie, ein Clipboard haltend, vor dem pastellblauen Bedientisch des NASA-Kontrollraums zu sehen.

Leistungen von Wissenschaftlerinnen würdigen

Designerin Weinstock kam es in besonderem Maße darauf an, für die Women of Computing einen „mix of individuls“ zu wählen. Ihr Modell sollte eine große Bandbreite an verschiedenen Frauen aus unterschiedlichen Zeitperioden zeigen und sowohl berühmte wie auch eher weniger bekannte Wissenschaftlerinnen darstellen. Als größte Herausforderung beim Designprozess nennt sie, die oft doch theoretischen Errungenschaften der sechs Frauen anschaulich und greifbar in LEGO-Form zu visualisieren. Herausgekommen ist dennoch eine wunderbare Hommage an sechs viel zu oft übersehene Frauen der Computerforschung, die dabei helfen könnte, auf die Geschichte dieser Vorreiterinnen der Informatik neugierig zu machen.

Wie schon die „Women of NASA ist ihr Entwurf ein Plädoyer für die Leistungen von Frauen in der Wissenschaft. Die Sichtbarkeit dieser „hidden figures“ zu fördern, das ist Weinstocks oberstes Anliegen. Nicht nur in der LEGO-Welt engagiert sich die Designerin für mehr Geschlechtergerechtigkeit: Auch auf Wikipedia, wo sie selbst als Autorin aktiv ist, hat sie mit verschiedenen Maßnahmen auf das Gender Gap in der Online-Enzyklopädie aufmerksam gemacht und versucht, mehr Frauen für die Mitwirkung zu motivieren. Zu sehen, dass die Women of Computing helfen, junge Mädchen für MINT-Fächer zu begeistern und das stereotype Frauenbild zu verändern, sind ihre erklärten Ziele.

Kann ein LEGO-Set die Welt verändern? Gewiss nicht. Aber es kann dazu beitragen, die ersten Steine für eine bessere Welt zu legen. Etwas, woran die Dänen sicher nicht unbeteiligt bleiben wollen.

Übersicht zu den Entwürfen der 2. Review-Phase 2021

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Kommentare

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4 Antworten

  1. Cooles Set, würde mir definitiv gefallen und gekauft werden. Allein schon für die UNIVAC und das COBOL-Manual (ich “durfte” auch noch COBOL lernen, wenn auch nicht auf einem Grossrechner).
    Allerdings hatten imho die alten Grossrechner auch immer einen militärischen Hintergrund. Aber als Legomodell sehen die Grossrechner schick aus, und auch die Bedeutung von Frauen für und in der IT gefällt mir.

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  2. Danke für die so ausführlichen Infos!! Women of Nasa ist ein wirklich schönes Set; dies hier würde ich gern daneben stellen. Übrigens: Die erwähnte Ruth Bader Ginsburg tauchte als Cameo-Minifig im Lego Movie 2 auf.

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  3. ein tolles Set und all die Details… fabelhaft! Die oben genannten Frauen sollten sichtbarer gemacht werden um dabei zu helfen junge Mädchen für deren Geschichte zu begeistern, und so vielleicht die Neugier auf IT und Technik zu entfachen. Lego bietet dabei eine tolle Plattform.

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